„Bei Tage und in der Nacht denkt meine Seele nur an die schönen, hellen Gegenden, die mir in allen Träumen erscheinen und mich rufen.[...] So mancher reist hin und kommt zurück und weiß dann nicht, wo er gewesen ist und was er gesehen hat, denn keiner liebt so innig das Land mit seiner einheimischen Kunst.“ [Wackenroder, W.H.; Tieck, Ludwig: Herzensergießungen eines kunstliebenden Klosterbruders. Stuttgart, 2001. S. 12.] So beschrieben 1796 W.H. Wackenroder und Ludwig Tieck ihre Sehsucht nach den Kunstschätzen Italiens. „Wenn ich unterwegs bin, bin ich glücklich“, schreibt Daniel Beerstecher 2011 über sich selbst.
Es scheinen Korrespondenzen auf zwischen diesen beiden frühen Romantikern und dem jungen zeitgenössischen Künstler: Die Sehnsucht nach der Ferne markiert den Ausgangspunkt für den künstlerischen Schaffensprozess und der Umgang mit diesem emotionalen Aspekt ist von Ehrlichkeit geprägt.

Indes setzt Beerstecher dieses Sehnen in zeitgemäßer Konsequenz in die Tat um.
Er bezeichnet sich selbst als einen Wanderer und es kommt nicht von ungefähr, dass die Verwendung des unzeitgemäßen Begriffs Wanderer (anstelle von Weltenbummler, Globetrotter oder Reisender) an Caspar David Friedrichs „Wanderer über dem Nebelmeer“ von 1818 denken lässt. Wie der Wanderer aus dem 19. Jahrhundert fungiert auch Daniel Beerstecher in seinen künstlerischen Aktionen als eine Art Identifikationsfigur und zugleich als Spiegel für die innere Zerrissenheit des modernen oder besser zeitgenössischen Menschen. Der Kitt, um die Bruchstücke menschlicher Existenz zusammenzufügen, ist für die Romantiker im Naturerleben verborgen und auch Beerstecher erforscht die menschliche Existenz, in dem er ihr Verhältnis zu ihrer Umwelt thematisiert.
Doch kehrt er die romantische Innerlichkeit nach außen. Er sucht in der Natur keine Heilung des eigenen Selbst und seine Arbeiten bieten trotz der Schönheit der Naturkulisse keine Linderung. Stattdessen vollzieht er inmitten eines Sehnsuchtsortes eine Handlung, die eine Problemstellung aus einer ungewohnten Perspektive beleuchtet. Er bietet dem entfremdeten Städter damit keinen Rckzugsort, viel eher fordert er ihn heraus, ohne indes offen zu legen, was genau zu tun wäre.

[...]

Zurück